Liebe Wanderfreunde,

knapp sieben Monate liegt unser Start in die diesjährige Wandersaison nun schon zurück, Ende September werden die Tage nicht nur kürzer, sondern es wird auch allmählich kälter – nicht unbedingt ideale Bedingungen für eine Nacktwanderung. Doch, nachdem in den letzten Wochen das befürchtete Ende der Nacktwandersaison näher rückte, wollten wir es im Laufe dieser Woche nochmal wissen und nach zwei Wanderungen auf den Gamrig und rund um Waitzdorf ging es heute – zum wahrscheinlich letzten Mal dieses Jahr – ins Bielatal.

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Hier, ganz am Rande der Sächsischen Schweiz schauen wir doch gern öfter vorbei: Mindestens einmal im Jahr steht diese Wanderung auf unserem Programm. Liegt es an den zahlreichen Kuriositäten, der bizarren Felsenwelt oder doch den schönen Aussichten, die, auch ohne große Wanderstrecken zurücklegen zu müssen, schnell erreicht werden ? Vielleicht ist es gerade diese Mischung, welche das Bielatal zu etwas Besonderem macht. Wenn dann noch Freunde und ein besonderer Mensch die Wandergruppe vervollständigen, kann eigentlich nichts mehr schiefgehen. Und so trafen wir uns kurz vor 10 Uhr am Parkplatz Schweizermühle – Roberto und Andrea, unsere beiden lieb gewonnenen Haselbachtaler brachten Jürgen aus Weißwasser mit, so zumindest der Plan, die Ausführung sah dann doch ein wenig anders aus, doch das Wichtigste war, dass alle drei dabei waren. Sven und Madi kamen mit Töchterchen Lisa des Weges daher und Wolfgang chauffierte Conny und meine Wenigkeit zum Startpunkt. Alle vollzählig ? Dann kann es ja losgehen …

Schon kurz nach dem Parkplatz bot sich das erste Fotomotiv an: Der Dorfteich der Schweizermühle wurde vom Herbst in ein prächtiges Farbenmeer getaucht. Über eine kleine Brücke nahmen wir trockenen Fußes die Biela – zugleich Badestelle – doch niemand wollte zu Beginn der Wanderung ins ( wirklich ) kühle Nass springen. Seltsam, im Sommer kann es kaum jemand erwarten 😄.

Der erste Aufstieg stand an: Jürgen übernahm kurzerhand die Führung und entschied sich – ob seines neuen Kniegelenks – für den bequemen Aufstieg hinauf zum Nachbar. Wir folgten ihm und gerieten ins Gespräch. Schon im Vorfeld ( beim Sichten einiger Wanderfotos aus den letzten beiden Jahren ) stellte ich fest, dass Conny doch unbedingt mal die beiden Haselbachtaler kennenlernen müsse und so war es nicht verwunderlich, dass Andrea, Roberto und Conny ins Gespräch kamen … und ehe wir uns versahen, waren wir auch schon am Nachbarn. Doch … wo sind denn Andrea und Sven abgeblieben ?

Die Beiden entschieden sich einen vermeintlichen Weg zu erkunden, den ich nicht auf dem Schirm hatte – von einer Höhle und Kluft war die Rede. Tja, wer die Wanderung schon etwas besser kennt, der weiß wovon die Rede ist: Es handelt sich um den Durchgang und die Spalte wenige Meter hinter’m Nachbarn auf dem Weg zum Sachsenstein. Mist, wieder nix Neues in Erfahrung gebracht – im Bielatal aber auch nicht ganz einfach, dafür waren wir einfach zu häufig Gast. Oben auf der Aussicht hoch über dem Parkplatz Schweizermühle wurde es nicht nur Zeit, die Klamotten in den Rucksack zu verstauen, sondern es entstanden auch die ersten fotografischen Highlights.

Wer sich so auf dem Präsentierteller von seinen Klamotten befreit, muss damit rechnen, gesehen zu werden und so winkten uns einige Wanderer vom Parkplatz aus zu.

Doch kommen wir zu besagter Höhle: Zuvor nie so recht aufgefallen, liegen hier einfach nur mehrere Steine übereinander – willkommene Gelegenheit für Sven und Conny, uns vor einem Felssturz zu bewahren. Andrea und Lisa hingegen entschieden sich „die näheren Steine“ der Umgebung zu erkunden – praktisch, dass wir uns hier nur in der Nationalparkregion und nicht im Nationalpark selber befinden, so sind die Wegregelungen etwas entspannter und wir können immer mal wieder schauen, was sich abseits der bekannten Pfade so alles befindet. Roberto derweil genoss die Sonne, Jürgen schien etwas „genervt“ von der atemberaubenden Geschwindigkeit zu sein, mit der wir uns fortbewegten – nicht ganz unschuldig an der Sache war auch ich, hatte ich doch mehr Augen für einen ganz besonderen Menschen, als den Rest der Gruppe. Doch Sven achtete auf seine Tochter und Madi ebenso, so dass ihr nichts passieren konnte – recht schnell bemerkte ich ihr Talent fürs Klettern. Vielleicht sollte dies doch intensiver gefördert werden.

Nach einigen Minuten ging es dann doch weiter – dreimal dürft ihr raten wo entlang: Richtig, es ging durch die Spalte im Fels, hinauf in Richtung des breiter werdenden Weges zum Sachsenstein. Mitten auf dem Weg wurde Roberto bewusst, dass hier etwas fehlt. Sein Telefon: Mal wieder … weg. Schon zur Sonnenaufgangswanderung im vorigen Jahr zu selbiger Zeit hatte Roberto das Vergnügen, seinem Smartphone hinterherzulaufen – damals noch unter der Prämisse „Dann ist es eben weg“, sorgte er sich diesmal ein wenig mehr und begab sich zurück zum Nachbar, während wir in der Sonne auf ihn warteten. Eine gute Viertelstunde später, war Roberto noch immer nicht wieder vor Ort, so dass Sven meinte, dass Lisa, als Jüngste der Gruppe, ihn doch mal suchen könne. Noch ehe er den Satz vollendete, nahm ich die Beine in die Hand und begann, Roberto zu suchen. Kurz vor der Aussicht kam er mir dann entgegen – kein Telefon in der Hand, aber ich könne ja nochmal suchen, in der Hoffnung, eher fündig zu werden. Nebenbei meinte er, dass er sich verlaufen hätte und noch im Nachbarort war. So begab ich mich zum Nachbarn – unter den leidigen Kommentaren einer Rentnerin mit ihrer Enkelin, die meinte, ja „nicht prüde zu sein, aber …“ ( den ganzen Kommentar ignorierte ich dann doch, denn Roberto war wichtiger ) – und fand ebenfalls nichts. Auch anwesende Wanderer waren um kein Telefon reicher – sollte es diesmal wirklich weg sein ?

Wer weiß, wer weiß. Wir begaben uns zum Sachsenstein – zweites Highlight unserer heutigen Tour – und stellten erneut fest, dass des Deutschen liebste Wandermonate September und Oktober sind, kein Wunder also, dass wir unsere Mittagspause etwas vorzogen, denn bis wir den Aufstieg über die Steiganlage ohne große Ausweichmöglichkeiten angehen konnten, verging etwas Zeit. Zu meinem Erstaunen stellte ich fest, wieviele Wanderer auf der kleinen Aussicht zugange waren, als die Gruppe ihren Weg nach unten fand. Gut 10 Wanderer kamen hier die Stufen hinunter. Endlich Gelegenheit für uns, hinaufzusteigen, mit Madi und Jürgen waren auch recht schnell zwei Aufpasser für unsere Rucksäcke gefunden – Wolfgang entschied sich spät, wollte die Aussicht aber auf keinen Fall verpassen, zählt sie doch – mit Blick auf die Festung Königstein und die Kaiser-Wilhelm-Feste auf der anderen Seite des Bielatals zu einem Muss für jeden Wanderer. Mittig angekommen … wurde es nochmal etwas eng, denn eine Frau kam uns entgegen. Sie stand zunächst recht sicher, doch ich gab ihr trotzdem Gelegenheit, vorbei zu huschen, denn es fand sich noch ein weiterer Tritt in der engen Felsspalte. Ganz oben offenbarte sich uns eine herliche Sicht auf das herbstliche Tal …

So weit oben will natürlich auch geklettert werden und ehe ich mich versah, stand Roberto schon auf dem südlichen Teil des Sachsensteins. Conny war die ganze Sache nicht geheuer, so dass sie gar nicht hinschauen konnte. Als dann auch Lisa zum Sprung ansetzte, hatte sie echt Angst, doch für Andrea und Roberto genau der Fehler, den viele „Helikopter-Eltern“ heute begehen: Sie projizieren ihre Angst auf das Kind, womit auch viele Fähigkeiten im Verborgenen bleiben. In einer Höhe von gut 20 Metern kann immer etwas passieren, und so ist es wichtig, auf das eigene Vertrauen zu hören – eine Erfahrung, die ich selber in den letzten sechs Jahren machen durfte.

Dass Lisa nicht nur klettern konnte, sondern schon in frühen Jahren einen Blick fürs Motiv hat, erlebte ich kurze Zeit später: Sie wollte unbedingt ein iPhone haben – ob ihr der Werbespruch des iPhone 4 in den Ohren hängt: „Wenn du kein iPhone hast, hast du kein iPhone“ ? Immerhin bewegen wir uns seit einiger Zeit auf einer kleinen Nostalgie-Welle, so dass alte iPods als Accessoires (wieder-)entdeckt werden, iPads der ersten bis vierten Generation neues Leben eingehaucht wird und Audiophile zur Erkenntnis geraten, dass der iPod Video 5.5 aus dem Jahre 2006 zu den besten Musikplayern zählt, die man heute ( wiederaufgearbeitet ) kaufen kann – zum Teil auch zu horrenden Preisen, dank seines Digital-Analog-Wandlers vom britischen Unternehmen Wolfson.

Doch ich schweife ab.

Schon wieder das Thema aus den Augen verloren. Wo waren wir ? Ach ja richtig: In den Schrammsteinen … ähhh dem Bielatal. Der Abstieg vom Sachsenstein sollte kein leichter werden – zumindest für Sven und so steckte er mit seinem breiten Kreuz erstmal fest. Natürlich nur zum Spaß, aber es zeigt sich, dass es wichtig ist, so manchen Ratschlag der Nacktwanderer zu befolgen, denn ein Pärchen, das sich beim Aufstieg noch vordrängelte, stellte recht schnell fest, dass es hier mit Rucksack eben nicht so ohne Weiteres wieder zurückgeht. Wieder vollzählig unten angekommen, wurden die Stullen eingepackt und noch eine letzte Frage an jene Gruppe gestellt, ob denn jemand ein Smartphone gefunden hat. Plötzlich kam ein „Ja, hier“ und Roberto hatte wieder einmal mehr Glück als Verstand. Zum zweiten Mal, binnen 365 Tagen, in denen er sein Telefon verliert und es auch wieder zurückbekommt. Das Glück sollte man nicht überstrapazieren, doch Roberto wusste es immer wieder geschickt die Grenzen jenes Glücks zu weiten. Er könne ja eine Runde unten in der Ottomühle für alle Anwesenden geben, entgegnete ich, dem auch einige Wanderer fröhlich zustimmten 😄.

Unser nächstes Ziel lag nur einen Steinwurf entfernt: Die Johanniswacht. Nicht nur häufig besuchter Aussichtspunkt, sondern auch Klettermagnet, denn hier finden sich nicht nur die unter Einsteigern beliebten Gipfel Johannismauer und Johanniskopf, sondern auch die Klettergipfel Fritziturm und Artariastein, in Richtung des Korbfeilenweges gelegen. Wen wundert es, dass auch hier wieder so manches Erlebnis auf digitalen Film gebannt wurde – den zahllosen Kletterern sei Dank, die den letzten – womöglich – warmen Tag des Jahres auszunutzen wussten …

Wir hatten die Wahl: Sollte es über den eher langweiligen Kerbensteig in Richtung der Ottomühle gehen oder nehmen wir den Weg hinunter zum Korbfeilenweg, vorbei an Fritziturm und Artariastein ? Die Entscheidung fiel auf letzteren Weg, denn wir wollten etwas erleben und uns auf die Suche nach den schönsten herbstlichen Motiven begeben. Etwas erstaunt waren wir, als wir den Abstieg gemeistert hatten: Das gute Wetter wurde nicht nur von Kletterern und Nacktwanderern geschätzt, sondern auch von zahlreichen Ausflüglern, und so war der Parkplatz an der Ottomühle erstmalig seit langem wieder voll. Kein Wunder, wie sich später herausstellte, denn Gasthof & Herberge „Ottomühle“ sind rechtzeitig mit Beginn der Wandersaison am 14. April 2022 aus seinem Winterschlaf erwacht – viel zu lange war der gastronomische Betrieb auf den Imbiss beschränkt. Dem Ortsteil von Rosenthal-Bielatal wird es auf jeden Fall gut tun, und wir hoffen, dass wir hier nächstes Jahr zu den Sächsischen Naturistentagen einkehren können.

Vorerst zogen wir – unter den Blicken dutzender Wanderer – an der Ottomühle vorbei. Kommentare gab es keine – kein Wunder, begrüßte uns doch mit der letzten Begehung der Route eine Wanderin mit den freudigen Worten:

Schön euch wiederzusehen. Wieder die Runde durch’s Bielatal, so wie jedes Jahr ?

Auch wenn es sich Wolfgang nicht anmerken ließ, erfüllte es ihn doch mit Stolz, was wir hier in den letzten Jahren geschaffen haben. Nie war das Nacktwandern so bekannt, wie in den letzten Monaten. Negative Kommentare ? Da müssten wir lang überlegen, um die einzelnen Stimmen zu zählen. Selbst im Basteigebiet vernahmen wir den Spruch, dass „Nacktwandern Trend“ und das „in Sachsen völlig normal“ sei. Geschichten, die auch Wolfgang ein Schmunzeln abverlangten, denn ohne ihn wäre vieles nicht möglich gewesen.

Auch wenn Conny zu gern einen Cappuccino getrunken hätte – für mich war ein kurzer Stop nicht drin, denn als einzelner Nacktwanderer in einer Gruppe Textilwanderer fühlt man sich eben doch nicht so wohl, wofür sie auch Verständnis zeigte. In Anbetracht der nächsten Steigung hinauf zum Großvaterstuhl wäre eine Stärkung nicht verkehrt gewesen, doch gemeinsam bewältigten wir den Anstieg. Praktisch, dass wir – allein Jürgen zuliebe – das Tempo etwas reduzierten, auch wenn es ihm stellenweise zu langsam war. Im Herbst wollen die Fotografen unter uns eben ungern an den schönen Motiven vorbeirennen, und so genossen wir jeden Meter, den uns der Herbst mit seiner einzigartigen Farbenpracht schenkte. Auch dieser Anstieg wurde binnen kürzester Zeit bewältigt, so dass wir uns nach wenigen Minuten am Großvaterstuhl einfanden. Unter uns waren nicht nur vier Frauen, sondern auch drei Großväter: Jürgen, Roberto und Sven. Mit stolzen 44 Jahren schon Großvater ? Zu DDR-Zeiten alltäglich, heute ein Garant mit Seltenheitswert. Stolz war er auf jeden Fall – nicht nur auf seinen Enkel, sondern auch auf Töchterchen Lisa, genauso wie Madi …

Also nehmt doch einmal Platz, ihr Großväter, ihr habt es euch redlich verdient, denn diese in Stein gemeißelte Bank ist allein euch vorbehalten. Das Foto im Kasten, konnte es Jürgen kaum erwarten, sich an einen gemütlicheren Platz zu begeben – wie auch Roberto. Sven überlies seinen Platz Conny und wich auf eine Kiefer direkt vor uns aus …

Und auch Roberto nahm sich der zweiten Kiefer an – so gut bewacht, konnte uns nichts passieren, und wir genossen gemütlich die Ruhe des sich vor uns erstreckenden Bielatals. Wir wollten gerade wieder aufbrechen, da rief Sven’s Tochter an – zum Beweis des gut ausgebauten Mobilfunknetzes gleich als Videoanruf, so dass alle Eindrücke geteilt werden konnten. Zu Beginn der Wanderung fragten wir Sven und Madi, wie ihr Schwiegersohn mit den zwei Naturisten klarkäme. Er akzeptierte den Lebensstil. Schön zu hören, denn mir sollte es nicht anders ergehen: Jahrelang hegte ich den Wunsch, dass eine mögliche Partnerin meinen Lebensstil akzeptieren müsse, bestenfalls zieht sie sogar mit. Wer konnte denn ahnen, dass Conny mich genau deshalb anschrieb ? Nacktbaden und Campen, davon hatte sie schon gehört, aber Wandern ? Das war ihr völlig neu und so brachte ich ihr unsere Lebensweise und Sicht auf die Natur näher. Ich erinnere mich gern an diesen einen Satz, als sie eines Tages meinte:

Du erzählst davon mit so einer Begeisterung, die steckt förmlich an.

Ob sie denn mal mitkommen wolle, fragte ich und sie willigte ein – vorerst allerdings in Klamotten. Ende Oktober: Das Thermometer zeigte 21 Grad und sie versprach noch in Vornherein, dass es ihr zu kühl sei, um unsere Wanderbekleidung auszuprobieren, doch nach unserer Pause, in der Roberto sich auf die Suche nach seinem Telefon begab, entschied sie sich, das Oberteil in unserem Rucksack zu verstauen. Danke dir, dass du es ausprobiert hast und ich hoffe es hat dir gefallen – wie sich später rausstellte, sollte dem auch so sein.

Irgendwann wird es an der Zeit, aufzubrechen, und so begaben wir uns über den Weg, wie wir ihn kamen bis zum Abzweig. Anstatt wieder hinunter in Richtung Ottomühle zu laufen, nahmen wir die letzten Höhenmeter des Anstiegs und gelangten auf wohl bekanntes Feld, dass schon unzählige Male auf Foto festgehalten wurde. Andrea entdeckte noch so manch genießbaren Apfel entlang des Weges, so dass sie freudestrahlend in einen ihrer Fundstücke biss. Und auch Lisa fand einen Apfel – besser als Chips, oder ? Neee … ich kann’s verstehen 😂.

Wieder im Wald, eine Abbiegung später fand Roberto eine Quacke, an der er sich erneut erproben konnte. Conny indes posierte vor ihm, ohne Roberto zunächst zu beachten. Erst kurz darauf erblickte auch sie Roberto’s Tun. Er wollte unbedingt hinauf, doch irgendwann entschied er sich für den Rückweg – zu rutschig war das Gelände, und die Nadeln und das Moos machten es nicht leichter. Wie so oft gestaltete sich der Rückweg schwieriger, als der Weg hinauf, das wissen auch Kletterer und Boulderer und wählen aus diesem Grund häufig einen leichteren Abstieg. Doch mit etwas Hilfe und in Sicherungshaltung, sollte er abrutschen, stand ich ihm zur Seite. Wolfgang unterdes, übernahm kurzzeitig die Führung der Wandergruppe und führte uns zum Kanzelstein – inzwischen 15 Uhr, war die Sonne nahe ihrem Untergang, und es entstanden noch einmal traumhafte Fotos eines Herbstes, wie wir ihn uns goldener nicht vorstellen und träumen konnten …

Auf so einer Pärchen-Wanderung wird natürlich auch hin und wieder mal geknuddelt, wir haben unseren Lebenspartner ja lieb. Sven und Madi – seit 2008 verheiratet – zeigen dies immer noch, wie am ersten Tag ( auch wenn wir sie da noch nicht kannten ) und auch Conny und ich bewiesen auf so manchem Foto, wie schön es sein kann zu lieben, denn erst dann nimmt es so richtig Fahrt auf, was wir „Leben“ nennen. Da geriet das nächste – und auch letzte Ziel – unserer Wanderung schon beinahe in Vergessenheit: Die Herkulessäulen. Zu Genüge fotografiert, auch wenn heute zahlreiche Kletterer an Großer, wie Kleiner Herkulessäule und dem Schraubenkopf unterwegs waren. Zwischen Schraubenkopf und seinem Nachbarstein findet sich eine schmale Gasse – wer würde es wagen, hier hindurch zu klettern ? Wir diesmal nicht, doch einer Familie mit Hund blieb nichts anderes übrig, denn ihr Labrador-Mischling hatte ein Problem mit den Treppenstufen aus dem vorigen Jahrhundert. Bevor wir diese Aktion miterleben konnten, hielt ich unsere jüngste Wanderin fürs Familienalbum fest, kurz darauf bot sie an, dass sie uns ja ebenso fotografieren könne. Gesagt. Getan.

Unterhalb der Großen Herkulessäule fanden Lisa, Roberto und Sven einen Kletterzustieg und die beiden Jungs wollten es nochmal wissen: Bisher kraxelten wir immer durch die Höhle hindurch, heute wollte Roberto mal wissen, wie es denn auf dem großen Stein so ist, der die Höhle bedeckt. Die Aussicht von hier oben ? Die kann euch nur Roberto beschreiben und selbst Sven sah ein, dass er Roberto nicht folgen könne. Lisa wollte es beiden Jungs gleichtun, doch erstmalig hatte auch ich Angst um sie und bat unsere Jüngste auf sich aufzupassen – Roberto’s Weg zurück war nicht ganz einfach und auch Andrea’s Hilfe brachte nicht viel. Ich wies ihn auf Tritte hin und zeigte ihm, dass wir uns zwar manchmal die Köpfe heiß diskutieren konnten, er aber immer auf mich zählen kann, wenn er Hilfe benötigt. Dafür brauchst du dich dann auch nicht bedanken, denn du zeigst mir immer wieder, wie einfach es sein kann, die eigenen Grenzen zu erweitern – siehe der entscheidende Schritt auf den Honigsteinturm …

Von den Honigsteinen zurück zu den Herkulessäulen, denn wenig später erhielten wir einen Blick auf einen Kletterer, der sich – als Vorsteiger – auf dem Kopf der Großen Herkulessäule für seinen Kletterkameraden vorbereitete. Lisa fand einen idealen Aussichtspunkt auf das Geschehen unter ihr und ringsherum.

Unser Abstieg erfolgte durch die Felsengasse – kurz vor 16 Uhr wurde es dann doch an der Zeit, das Ende der Wanderung im Blick zu halten, denn Jürgen hatte noch einen weitem Weg vor sich. Weißwasser liegt eben doch gut 100 Kilometer von der Sächsischen Schweiz entfernt, kein Wunder also, dass er selten gesehener und umso mehr geschätzter Gast ist. Sven und Madi wollten jedoch noch hinauf zur Kaiser-Wilhelm-Feste, verstanden aber Jürgen’s Anliegen, so dass wir uns in Richtung Herkulesquelle begaben. Das aus dieser Quelle entspringende Wasser hat übrigens Trinkwasserqualität und wurde bis 1931 zur Trinkwasserversorgung genutzt. Kletterer schwören heute nach wie vor heute auf die Qualität des Wassers – in der Region südlich von Königstein eine Seltenheit, denn durch den Uranbergbau zu DDR-Zeiten nahe Leupoldishain wurde das Grundwasser teilweise mit radioaktiven Materialien kontaminiert. Dass ich mich auch als Motivationstrainer verdient machen kann, bewies ich Lisa kurz darauf: Es galt eine Steinpyramide zu bauen, kein leichtes Unterfangen, denn der letzte Stein wollte einfach nicht liegen bleiben, und die Pyramide stürzte ein. Ich gab ihr den Tipp, den Stein nur mit den Fingerspitzen zu greifen und auf ihre innere Stärke zu vertrauen. Es half und der Stein blieb an Ort und Stelle – das musste dann auch festgehalten werden …

Letzter Stop unserer Tour sollte der Schwedengarten sein: Der Schwede Martin Bergwal kam im Jahre 1846 aus Nordöping nach Bad Schweizermühle und ließ sich hier eine repräsentative Villa bauen. Neben dieser legte er einen Park unter ausschließlicher Verwendung von Nadelgehölzen an, im Volksmund wurde dieser bald als „Schwedengarten“ bezeichnet:

In diesem Koniferengarten wuchsen Arten aus allen Erdteilen, Vertreter seltener Nadelbäume aus aller Welt. Darunter über 60 Zypressenarten und über 30 Arten Eiben und Gingobäume. Von der rießigen Mammutfichte bis zur winzigen Pygmäenfichte, der kalifornischen Edeltanne und Zedern aus dem Himalaya waren alle wichtigen Nadelbaumarten vertreten.

Freilich ist im Laufe der Jahre der größte Teil der botanischen Seltenheiten eingegangen, fiel der Witterung zum Opfer oder wurde abgeholzt.

Aber auch für den heutigen Naturfreund haben Teile des Parkes der Familie Winkler noch ihr durchaus eigenes und romantisches Flair.

Erstaunlich, was wir Martin Bergwal und der Familie Winkler zu verdanken haben, denn auch wenn der Schwedengarten schon bessere Zeiten erleben durfte, erfreut er nach wie vor die vorbeikommenden Wanderer mit seiner Schönheit. Im Juni – zur Rhododendrenblüte ist das Bielatal ohnehin ein Hingucker, doch auch im Herbst avanciert diese Wanderung zu einem echten Highlight. Abschließen möchte ich die Wanderung mit dem Bildnis des „Hungernden Nacktwanderers“, …

… denn dieser 29. Oktober war ein würdiger Saisonabschluss – von nun an heißt es hungern, bis die Sonne im März wieder Temperaturen jenseits der 15 Grad ohne dauernden Wind verspricht. In der Zwischenzeit verbleibt uns nur der Gang in die Sauna, sowie andere Nacktivitäten – hoffen wir, dass auch dieser Winter so ereignisreich wie die vergangenen wird.

Ich hoffe, dass euch dieser Wanderbericht gefallen hat,
euer Martin

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Über Martin

Natürlich. Nackt. Frei. Seit Sommer 2015 haben diese drei Worte einen neuen Lebensweg für mich geprägt. Ich war es leid, immer wieder die richtigen Klamotten in Schuh- oder Bekleidungsgeschäften zu finden, nur um sie nach meiner nächsten Wanderung in die Waschmaschine werfen zu können. Der Bibel zufolge wurde der Mensch nackt von Gott erschaffen - wir sehen dies sogar heute bei jeder Geburt, dass niemand mit einer Mütze geboren wird. Aber warum sollten wir Kleidung während einer Wanderung tragen ? Schließlich sind wir ein Teil der Natur und je mehr wir den Kontakt mit dieser erfahren, um so eher sind wir gewillt diese zu schützen. Für mich ist es daher wichtig, dass ich nicht nur meinen eigenen Körper der Natur aussetze, sondern dass meine Umwelt um mich herum geschützt wird …

2 Kommentare

  1. Einmal mehr umwerfende Landschaftsbilder.

  2. Echt wieder mal klasse geschrieben! Danke Dir!
    Hoffe, wir werden künftig noch viele solcher traumhaften Wanderungen erleben!
    Allerdings bin ich in dieser Gemeinschaft, diesbezüglich, sehr guter Dinge!

    Bis hoffentlich bald wieder,

    sanfte Grüße
    Sven, Madi und Lisa

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