
Liebe Wanderfreunde,
es gibt Wanderungen und dann gibt es Wanderungen. Wo genau der Unterschied zwischen beiden liegt ? Es kommt nicht drauf an, ob wir uns auf den Spuren einer Premium-Route bewegen, die uns zu den verlassenen Orten und auf alten Pfaden durch unsere Heimat führt, sondern es kommt auf die Menschen an, die dabei sind: Rainer, Erik, Thomas, Roberto und Andrea oder auch Udo und Anja. Sobald es etwas lockerer zugeht und ich mich als Wanderleiter auch mal entspannt zurücklehnen und an Kletterpassagen auf helfende Hände zurückgreifen kann, dann ist das genau dieser Moment, der zu einem Wanderbericht wie diesem führt.
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Das erste Mal mit von der Partie waren übrigens Sven und Madi aus Dresden – bereits im Vorfeld gab es einen regen Austausch, wann es für die Beiden passt. Schichtarbeit ist da alles andere als hilfreich und so dauerte es ein Weilchen, bis es hieß: „Martin, wir sind dabei“. Schon von der ersten Nachricht an, hatte ich mit Beiden ein gutes Gefühl – da sollte auch Thomas aus Dresden, wie viele weitere neu hinzugekommene Mitglieder, keine Ausnahme bilden. Und so freut es sicherlich nicht nur Wolfgang, der mich vor etwas mehr als fünf Jahren bat, die Geschicke unserer Wandergruppe zu übernehmen, dass wir immer zahlreicher werden. Zugleich sinkt auch mit der Zeit der Altersdurchschnitt, denn die Jugend rutscht nach – seit den Sächsischen Naturistentagen ist Felix der Jüngste der Gruppe, wenn auch nur mit einem halben Jahr Vorsprung 😉.
Priester: „Möge der Herr mit euch sein !“
Der Kleine: „Wir wollen keine Begleitung, wir gehen allein.“
Doch kommen wir zur Sonntagswanderung: Unser Ziel sollte der Pfaffenstein sein, auf den alten Pfaden wollten wir so neben dem Nixensee auch den Schwedenkeller erkunden. Die Hauptaufgabe der Wanderung bestand jedoch darin, den inzwischen verlandeten Nixensee zu finden – wie sich später herausstellt keine leichte Aufgabe, wenn man nur auf alte Postkarten vertrauen kann. Aber dazu später mehr, denn starten wollen wir unsere Wanderung – wie immer am Parkplatz … der kurz vor 11 Uhr schon reichlich gefüllt war und so musste erstmal eine Lücke gefunden werden. Die Kinnlade klappte uns aber erst runter, als wir sahen, dass die Gemeinde Pfaffendorf wohl den Break-Even-Point neu zu ermitteln versuchte. Wieviele Kosten auf einem Parkplatz zusammenlaufen, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen – ob 450€ am Tag reichen ? Und da reden wir nur von denjenigen Wanderern, die hier 24 Stunden parken ( also fast niemand ), somit kommen am Tag locker 600€ zusammen, wenn Kurzzeitparker schon mit bis zu 6€ zur Kasse gebeten werden. Von den Tagesgästen schröpft man gleich 9€ aus deren Portemonnaies – hier ist definitiv eine Grenze erreicht, denn schon über die 7€, welche die Stadt Sebnitz vor einigen Jahren einführte, gab es reichlich Proteste von Wanderern. Hier versucht man offensichtlich einen Punkt auszuloten, wo Wanderer noch Willens sind zu zahlen oder das Knöllchen am Straßenrand günstiger ist. Wo soll diese Preisspirale noch hinführen auf einem Grundstück, das kaum variable Kosten verursacht ?
Aber genug der Aufregung. Kurz nach 11 Uhr waren wir dann vollzählig und es ging hinauf zum Pfaffenstein – nicht über das Nadelöhr, sondern den Bequemen Weg … wie öde 😫 … doch keine Sorge: Thomas entschied sich extra für die sonntägliche Tour, als für die Wanderung über den Panoramaweg, da es während der Pfaffenstein-Runde doch etwas mehr zu sehen und zu klettern gab. Mal abgesehen davon, dass auch das Wetter besser war – was zur Ankündigung noch nicht sicher schien. Nach knapp 330 Metern standen wir auch schon vor einer Bank und ich fragte in die Runde, ob denn hier ein Weg sei ? „Wenn Martin schon so fragt, dann muss hier auch einer sein“, entgegneten Sven und Thomas. Selbstverständlich, denn etwas versteckt findet sich hier der Eingang zur Nassen Schlucht. Und so ging es die ersten Höhenmeter hinauf, bis wir zwischen den Klettergipfeln Nördliche und Südliche Pfaffenschluchtspitze auf einen Baum stießen, der uns schon zu den Sächsischen Naturistentagen faszinierte: Sven konnte etwas Licht ins Dunkel bringen, und so handelt es sich hier wohl um eine Art „Traumfänger“ oder um die bösen Geister fernzuhalten, jedenfalls fanden sich zwischen den Hölzern immer mal wieder germanische Runen – wer Sven’s Kopf sieht, der merkt schnell, dass er sich in diesem Gebiet gut auskennt …
Und so rätselten wir noch etwas weiter, bevor es hinauf ging. Wie schon zur Wanderung über den Rauenstein und zum Großen Bärenstein, wollte der Aufstieg auf Video festgehalten werden. Die schlaue Erkenntnis war, diesmal das Ultraweitwinkel-Objektiv zu bemühen, um so etwas mehr vom Aufstieg festzuhalten. Das Ergebnis wollen wir euch natürlich nicht vorenthalten, und so laden wir euch ein, mit uns durch die Nasse Schlucht hinauf zum Pfaffenstein zu klettern …
Sven und Madi waren vom Aufstieg begeistert und ich stellte schnell fest, dass die Beiden hervorragend zur Gruppe passten, hinzu kam, dass Sven bekennender Spencer-Hill-Fan ist, die Beiden zählen nicht umsonst zum Weltkulturerbe.
Ehe wir uns versahen, waren wir auch schon oben – ein letzter Blick zurück und schon konnte es oben auf dem vollen Hauptweg in Richtung der Aussicht am Bundesfels gehen. Natürlich wollte es Roberto wieder einmal wissen: Wie kamen die Herrn vom Bergschützenbund „Falken“ rüber zur Mauerung, in der die Sonnenwendfeuer abgebrannt wurden ? Ein mutiger Sprung und er war schonmal näher dran, doch zum eigentlichen Bundesfels kamen wir nicht. Drei Meter lagen ungefähr zwischen uns. Sven wollte sich das ebenfalls näher anschauen und schon stand er neben mir. Zu dritt wird es aber doch etwas eng, wobei … habt ihr die Massen auf der anderen Seite mal gesehen ? Dass des Deutschen liebste Wandermonate September und Oktober sind, wussten wir schon im Vorfeld, doch wie voll es auf dem Pfaffenstein werden kann, haben wir so auch noch nicht erlebt …
Die übliche Wanderbekleidung hatten wir zu diesem Zeitpunkt noch nicht an – die Temperaturen versprachen eben Herbst. Wir wollten weiter und suchten uns einen Weg zurück zum Hauptweg, diesen fanden wir glücklicherweise auch und so standen wir alsbald auf der Albrechtsburg – der zweiten Aussicht auf der Nordseite des Tafelbergs. Wir genossen den grandiosen Ausblick von einem etwas vorgelagerten Stein. Zuerst dachten Roberto und Sven, dass dieser wackelt, aber als ich etwas unterhalb ein Geländer sah, brach ich auf, um die Gruppe von unten zu fotografieren. Gleichzeitig konnte ich auch Entwarnung geben: Der Stein ist massiv. Wir wurden von einem Kind jäh unterbrochen, welches sich nach Verbandszeug erkundigte. Glücklicherweise hatte ich das Set im Rucksack, so dass wir einem älteren Herrn, der – beim Besuch der alten Heimat – über eine Wurzel gestolpert ist und sich eine ordentliche Platzwunde am Kopf zugezogen hat. Wir legten einen improvisierten Druckverband an und kontaktierten den Notruf – hier wurde uns berichtet, dass bereits ein Einsatz am Pfaffenstein laufe und wir den Herrn an der Berggaststätte auf dem Pfaffenstein abliefern sollen. Erst bei Ankunft am Restaurant erfuhren wir, dass bereits zwei Notrufe zum selben Fall eingingen. Sven und ich begaben uns zurück zur Gruppe und nebenbei erfuhr ich, dass er Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr ist. Da war es selbstverständlich, ihm für seine Arbeit zu danken, auch wenn er während des Waldbrands in der Sächsisch-Böhmischen Schweiz gerade im Urlaub war.
Sicherheitschefs lösen sich auf, wenn es gefährlich wird.
Gemeinsam ging es hinunter zur Goldschmidthöhle und dem Schneiderloch – wer wollte, konnte auch durch das Schneiderloch krabbeln, was Sven sofort annahm. Wir folgten ihm und durften einigen Staub schlucken. Doch im Schneiderloch wurde es interessant: Die Beleuchtung ausgepackt, fanden sich so manche Spinnen am Ende der Höhle, in der Friedrich Eduard Goldschmidt Unterschlupf fand.
Der in der Nacht zum 27. September 1854 aus dem Gerichtsgefängnis in Königstein entflohene Lithograph und Fälscher Friedrich Eduard Goldschmidt, stellte in einer Höhle auf dem Pfaffenstein falsche anhalt-dessauische Fünfguldenscheine her.
„Man, mach sachte“, doch Sven kennt sich mit Spinnen aus, ein ganzes Zimmer im Haus der Beiden beweist dies eindrucksvoll. Roberto und Thomas – sichtlich fasziniert von diesem Hobby, hakten nach und so gab Sven so manche Geschichte im Verlauf der Wanderung zum Besten. Nicht nur, dass eine seiner Vogelspinnen ausgebüchst war, in dem sie die Scheibe ihres Terrariums aufdrückte, sondern auch was sie sonst noch so beherbergen. Leguane sind darunter, wie auch eine Riesenpython. „Ich hasse Schlangen“, würde Indiana Jones jetzt bestimmt sagen, doch das Leben ist ja kein Film, „Stimmt’s Keule ?“. Nun aber Schluss mit den Zitaten. Ein Pärchen bot uns an, direkt vor dem Ausgang des Schneiderlochs ein Gruppenfoto auf digitalem Film festzuhalten …
Richtig laut wurde es kurze Zeit später: Christoph-62, mit der Kennung D-HDSN, der DRF Luftrettung, schwebte über unseren Köpfen hinweg. Zunächst blieb er über dem Plateau des Pfaffensteins, bis er zur Landung in Pfaffendorf ansetzte. Was Roberto konnte, sollte auch für uns kein Problem darstellen und so befreite ich mich kurzer Hand von den lästigen Klamotten – Sven und Thomas taten es mir gleich und so entstand ein erstes Foto in der so lieb gewonnenen Wanderkleidung …
Es dauerte nicht lang, da heulte der Rotor von Christoph-62 wieder auf. Per Trage wurde der verletzte Senior an Bord gehoben und ins nächste Klinikum geflogen. Wir hoffen, dass es ihm bald wieder besser geht …
Wir folgten dem Weg zurück in Richtung der Albrechtsburg und bogen kurz nach dem Abzweig in die Nasse Schlucht in Richtung Annenbank, Rittersitz und Opferkessel ab. Wir trafen auf einen einsamen Wanderer, der es sich auf dem Rittersitz bequem machte. Ich entgegnete ihm, dass der eigentliche Sitz auf der anderen Seite des Steins wäre und er bot an, dass er ein Gruppenfoto von uns machen könne, nachdem wir ja alle schon Platz nahmen …
Wieder auf dem Hauptweg in Richtung Restaurant angekommen, informierte ich die Gruppe, dass ich ganz gern am Restaurant in geschlossener Gruppe vorbeilaufen wollte – das nächste Ziel sollte das Vereinsheim des 1945 verbotenen Bergschützenbundes Falken sein. Wir beobachteten einige Kletterer beim Aufstieg auf die Nordwand am Klettergipfel „Hafersack“, bevor uns eine kleine Familie Gesellschaft leistete. Etwas abseits bogen wir in den Rhododendrongarten ein, um jenen Kletterern fast schon über die Schulter schauen zu können. Wir unterhielten uns kurz mit einem der drei Kletterer und schauten dem Jüngsten beim Aufstieg über die mit VIIc bewerteten „Nordwand“ auf den letzten Metern des Aufstiegs zu. Roberto und Andrea hielt man derweil für Statuen – sie standen etwas oberhalb und waren so gut sichtbar für alle Wanderer, die das Vereinshaus erkundeten. Roberto antwortete mit einem: „Natürlich sind wir echt“, als die Frage aufkam, warum denn nun schon auf dem Pfaffenstein zwei Statuen zu finden sind. Nicht verwunderlich, winkt doch der Mönch im Basteigebiet seit ewigen Zeiten der Nonne auf der anderen Seite der Elbe zu.
Dass die Sonne auch so manche Vorlagen für Späße liefert, ist bekannt, allerdings muss man dann auch im richtigen Moment auf den Auslöser drücken, was die Schwierigkeit etwas erhöht …
So langsam nähert sich der Tag dem Ende – und damit auch unsere Wanderung. Ursprünglich war es geplant, dass es noch auf den Quirl gehen sollte, doch damit wären noch einmal gut vier Kilometer Wegstrecke hinzugekommen, das wollte ich unseren ( neuen ) Freunden nicht antun und so entschieden wir uns auf der östlichen Seite des Pfaffensteins in Richtung der Steinernen Scheune den Weg zurück zum Parkplatz zu nehmen. Etwas ungünstig: Wir liefen hier über weite Teile der Strecke im Schatten, doch über den Bequemen Weg wären wir binnen einer Viertel bis Halben Stunde am Parkplatz gewesen – dann wollten wir doch noch lieber ein wenig für den Winter trainieren 😄.
Am Ende des Tages entstand dann noch ein herrliches Gruppenfoto – Sven, Madi und Andrea waren sichtlich begeistert ob der Route und dem gelungenen Tag. Hoffen wir, dass es nicht die letzte Nacktwanderung für dieses Jahr bleibt, auch wenn sich das Wanderjahr mit großen Schritten seinem Ende nähert …
Haben wir euch neugierig gemacht ? Wenn ihr auch mal zu einer Nacktwanderung dabei sein wollt oder uns einfach nur kennenlernen möchtet, dann schaut doch einfach mal in der Kristalltherme in Bad Klosterlausnitz am kommenden Sonnabend, den 15. Oktober 2022 vorbei – wir freuen uns jederzeit über neue Mitstreiter und ihr erhaltet noch nie dagewesene Blicke auf die Sächsische Schweiz, das Zittauer Gebirge und das Osterzgebirge.
Ich hoffe, dass euch dieser Wanderbericht gefallen hat,
euer Martin