
Liebe Wanderfreunde,
knapp fünfeinhalb Jahre dauerte es, bis unsere Wanderung über Rauen- und Bärensteine als Wanderbericht zu digitalem Papier gebracht wurde. Sicher, wir sind der Route in dieser Zeit schon einige Male gefolgt, doch in den letzten Jahren lag doch mehr der Fokus auf der Hinteren Sächsischen Schweiz – ein Grund, warum es allmählich schwierig wird, in diesem Gebiet neue Wege zu erkunden. Glücklicherweise hilft hier das Zittauer Gebirge ein wenig, so dass wir den Großteil unserer Energie in die Erschließung eines neuen Wandergebiets stecken können. Doch auch in heimischen Wäldern gibt es noch so manch abgelegenen ( alten ) Weg, der gefunden werden will …
Doch starten wir – wie immer – von vorn: Mit etwas Verspätung erreichten wir den Parkplatz zu Füßen des Rauensteins in Naundorf. Von hier ging es nach kurzer Begrüßung und den aufgeteilten Leckereien mit der Wanderung los. Wir wollten nicht noch mehr Zeit verlieren und nahmen so den ersten Anstieg. Rainer und Thomas waren schon am Parkplatz mit T-Shirt und kurzer Hose aufgebrochen, während ich mich lediglich vom Pullover trennte – die Jacke blieb vorerst noch an. Dies sollte sich aber recht schnell ändern, denn auf halber Höhe entschieden wir uns, am Mobilfunkmast die Klamotten in den Rucksack zu verstauen. Das Gefühl der Freiheit … wie sehr haben wir es vermisst in den letzten zwei Wochen. Auf unserem Weg begegneten wir zwei Pilzsuchern, wobei man hier schon meinen möge, dass sie etwas zu systematisch den Wald durchforsteten, denn zwei große Beutel zogen ihre Arme dann doch ordentlich gen Boden – ein Indiz dafür, dass einige Pilze im Wald zu finden sind. Thomas bewies dies bereits kurz vor Start der Wanderung, in dem er uns einen Blick in seinen Kofferraum gewährte.
Gut trainiert durch unsere Wanderungen, stellte der Aufstieg zum Rauenstein kein Problem dar und kurze Zeit später erreichten wir auch schon die erste Aussicht, auf der wir mit einer Familie ins Gespräch kamen – Thema war nicht das Nacktwandern, sondern die Waldbrände. Erneut hörten wir, dass der Waldbrand medial so aufgebauscht wurde, dass Touristen dachten, der gesamte Wald in der Sächsisch-Böhmischen Schweiz stand in Flammen. Für viele Touristen Grund, ob dieser Berichterstattung ihren Urlaub zu stornieren. Wer sich allerdings genauer informiert, der erfuhr recht schnell, dass hier nur ein kleiner, wenn auch wichtiger Teil des Nationalparks in Gefahr war ( wir haben intensiv auf Twitter und im Beitrag „Unser Wald – Ein bedrohter Lebensraum“ darüber berichtet ) – anders auf böhmischer Seite, denn hier wurde die Wilde Klamm und die Edmundsklamm stark beschädigt. Wirte in Hřensko sprechen sogar von einer völlig zerstörten Wilden Klamm und blicken einer ungewissen Zukunft entgegen. Einer Wanderin war es auf der anderen Seite auch ganz Recht, dass nun weniger Menschen durch die Wälder strömen, fand sich doch so eher ein ruhiges Plätzchen, an dem sonst so viele Wanderer anzutreffen waren. Für Restaurants, wie die Neumannmühle ist dies allerdings weniger erfreulich und wir hoffen, im nächsten Jahr wieder Gast sein zu dürfen.
Daher nochmal unsere Bitte, falls ihr in der Region zu Gast seid, schaut bei Familie Galle vorbei – das Essen und die Gastfreundschaft sind auf jeden Fall erstklassig. Wer ein Zimmer sucht, um von hier aus über den Malerweg zu wandern, wird genauso fündig, wie Kletterer, welche im Großen Zschand oder den Affensteinen die Gipfel erklimmen möchten.
Berghütte & Wirtshaus „Neumannmühle“
Kirnitzschtalstraße 4
01855 Sebnitz OT Ottendorf
Webseite
Hinweis: Für einen Besuch im Wirtshaus bitten die Galle’s bis auf Weiteres um vorherige telefonische Reservierung.
Natürlich wollen wir unsere Wanderung dabei nicht außer Acht lassen und so zogen Rainer und Thomas kurz darauf weiter, während ich noch mit der Familie die letzten Worte wechselte. Ein freundliches „Martin“, ließ mich dann aber doch aufbrechen …
Zuletzt war ich auf dem Rauenstein zu Gast, als ich noch ein iPhone 6S in der Hand hielt – technisch hat sich zum fünf Generationen nachfolgenden iPhone 12 Pro eine Menge getan und dies war auch schon auf dem ersten Panorama zu sehen: Boom … und schon waren Basteibrücke und das zugehörige Hotel näher dran. Allein der Zoom macht doch schon Einiges aus. Und da sprechen wir lieber nicht von ProRAW ( mehr dazu erfahrt ihr im Beitrag „Understanding ProRAW“ im Blog der Entwickler von „Halide“ ) mit dem wir einen Großteil unserer Fotos auf Film festhalten, einem wesentlich verbesserten Sensor, neuen Linsen und der optischen Bildstabilisierung.
Unsere Leidenschaft für Fotografie verdient somit nur die beste Technik und wie sagte schon Eliott Erwitt, ein US-amerikanischer Fotograf und zeitweise Präsident, sowie Vizepräsident der Fotoagentur Magnum Photos ?
Die beste Kamera ist gerade die, die man dabei hat.
Wie wahr. Und so entstand nicht nur ein Foto mit Blick auf das Basteigebiet, sondern auch der Lilienstein wollte auf Film festgehalten werden. Auf der fünften Etappe meiner Wanderung über den Malerweg kam ich zuletzt auf dem Rauenstein vorbei, verändert hat sich nicht viel, außer dass vielleicht eine Kiefer in wenigen Jahren den Blick auf den Lilienstein erschwert …
Doch dies soll uns nicht stören und so nehmen wir jeden Blick auf das Symbol unseres Nationalparks mit ( und davon gibt es reichlich Möglichkeiten ). Wir näherten uns allmählich der Berggaststätte „Fels Rauenstein“, seit Kurzem ebenfalls in Besitz von Sven-Erik Hitzer, Besitzer der Schmilk’schen Mühle, sowie von fast ganz Schmilka – ihm ist es zu verdanken, dass die Berggaststätte nicht ein ähnliches Schicksal ereilte, wie jener auf dem Großen Winterberg. So ist es nicht verwunderlich, dass im Umkreis dieser gastronomischen Einrichtung mit dem wunderschönen Ausblick so einiges los ist, denn der Aufstieg von Rathen ist nicht sonderlich schweißtreibend und auch der Abstieg nach Stadt Wehlen verläuft recht entspannt – zugegeben, keine Tour für Rollstuhlfahrer, aber dennoch für einen entspannten Wochenendspaziergang.
Natürlich kamen wir mit so vielen Leuten auch mal ins Gespräch und ich ergriff die Chance beim Schopf, als uns eine Familie auf unseren Wanderstil ansprach: Warum wir denn nackt wandern, wollte sie wissen ?
Sie haben doch bestimmt schon vom Bürgergeld gehört ? Wir sind eine Arbeitsgruppe vom Ministerium für Arbeit und Soziales und prüfen, ob den Empfängern des Bürgergelds in den warmen und sonnenreichen Monaten die Zuschläge für die Kleiderpauschale gestrichen werden kann.
Kurzes Gelächter später, klärten wir die Situation auf: Wir sind in der Tat Nacktwanderer und begeben uns in dieser Wanderkleidung von Mitte März bis Ende Oktober durch die Sächsische Schweiz, als auch durch das Zittauer Gebirge und viele weitere Regionen unserer Heimat. Übrigens stammt die Idee für jenes Zitat nicht von mir, sondern von unserem Freund Horst aus Bad Langensalza – allerdings kam es jetzt genau zur richtigen Zeit, wo die Anträge schon existieren, aber noch nicht offiziell sind. Kurz darauf entschieden wir uns, eine Mittagspause einzulegen – am Wanderweg gelegen, mit Blick auf den Lilienstein, findet sich eine schöne Bank … leider war sie besetzt und so nahmen wir einen Stein als Pausenplatz in Beschlag …
Wie üblich packte Rainer seine Verpflegung aus – gefolgt von Thomas. Da musste doch auch was Gesundes her und so bot ich beiden ein Stück Gurke an. Wie ihr seht: Für das leibliche Wohl wird stets gesorgt. In Anbetracht der Temperaturen hatten wir Glück genau in der Sonne zu sitzen und so die letzten Sonnenstrahlen des Jahres tanken zu können – wer weiß, wann die Nacktwandersaison endet ? Doch auch für diese Zeit ist schon vorgesorgt und so planen wir mit einer Herbstwanderung in der Böhmischen Schweiz – kleiner Tipp: Es geht hoch hinaus.
Jede Pause kennt einmal ihr Ende und bevor es frisch wurde, zogen wir weiter … um festzustellen, dass die nächsten Meter durch den Schatten über einen feuchten Wanderweg verliefen. Es wurde etwas kühl und die Temperaturen sollten erst mit Ankunft am Schafbornbächel steigen, aber auch nur bedingt den gefällten Fichten, die hier auch aus dem Wald geholt wurden. So viel zum Thema: Es geht doch. Wenn man nur will. Bedingt durch unseren späteren Start, entschieden wir uns den Aufstieg auf den Kleinen Bärenstein zu ignorieren und begaben uns direkt zu seinem großen Bruder – doch zuvor wollte an „Martin’s Ruh“ kurz gerastet werden. Hier findet man eine richtig lange Bank. Ein Tipp, wenn man mal was auf selbige schieben will. Ausnahmsweise gestattete ich Rainer und Thomas sich an dieser größeren Wanderrast auszuruhen 😉. Als Thomas uns seine Pilzausbeute zu Beginn der Wanderung vorführte, wollte Rainer diese noch etwas vergrößern und so begab er sich auf die Suche nach allem Essbaren. Fliegenpilze ausgenommen, wurde so Thomas‘ Sammlung etwas größer und erst an Martin’s Ruh bat er Rainer dann doch, die weiteren Maronen stehen zu lassen. Es war erstaunlich, wieviele Pilze beide kannten – Thomas noch ein wenig mehr wie Rainer – für mich auf jeden Fall, hatte ich doch das Glück jedes Mal reinzufallen, als es Pilze gab, weshalb ich sie lieber im Wald für die Tiere stehen lasse. Und die Steinpilze, die ich finde, sind meist zu groß und zu fest, um sie zu verzehren 😄. Wir umrundeten den Großen Bärenstein über den Hermann-Schneider-Weg, mit kurzem Abstecher, den wir nicht weiter erwähnen wollen – er wird in einem zukünftigen Wanderbericht sicher eine Rolle spielen.
Als wir uns versahen, standen wir vor der Riegelhofstiege, doch … hält da tatsächlich ein Biber ein menschliches Kind in seinen Armen ?
Die Natur ist immer wieder erstaunlich, wie sie solch skurrile Sandsteinformationen nur durch die Kraft des Wassers entstehen lässt. Sie ist der wahre Künstler – nur leider viel zu selten von den Menschen beachtet.
Nun zu der Frage: Wie kommt man die Riegelhofstiege mit nur einem Arm und zwei Beinen hoch ? Gute Frage und am besten geht man dieser fluchend über deren Verlauf nach, denn ein lange vergessenes Gadget wollte wieder ausgepackt werden: Vor Jahren legte ich mir ( damals noch für das iPhone 6S ) ein Gimbal der Marke Zhiyun zu, ein chinesischer Hersteller, zugleich aber auch führend im Segment der Videostabilisierung. Ziel war es, ein Video auf digitalen Film zu bannen, der unseren Aufstieg festhält, leider war aber das Wetter eher suboptimal und bevor ich unzählige Stunden in Final Cut Pro X aufbringe, entschied ich mich, euch das Video lieber vorzuenthalten – sicher werden wir den Rauenstein wieder häufiger besuchen, um so doch noch ein Foto bzw. ein Video der Riegelhofstiege – bewertet mit einer T4 auf der SAC-Wanderskala – zu bekommen.
Am Ende kam ich aber doch oben an und als wir dann zu dritt den Gipfel des Großen Bärensteins erreichten, waren einige Teenager und deren Familie so von unserem Wanderstil begeistert, dass wir ihnen ein weithin hörbares Lächeln ins Gesicht zauberten. Menschen zum Lachen zu bringen, ist schwieriger, als sie zum Weinen zu bringen. Was wohl die Kühe auf der Weide unterhalb des Bärensteins dazu sagen würden ? Sind sie doch immer nackig unterwegs …
Wieder zeigte sich die Erfahrung unseres Bauernjung Rainer: Wenn Kühe auf einer Weide leben und der Bauer nur hin-und-wieder seine Kaffeetasse mit Milch füllt, werden Kühe stattliche 20 Jahre alt – Hochleistungskühe in der industriellen Milchproduktion erleben aber selten das 12. Lebensjahr. Vielmehr werden sie nach dem fünften bis sechsten Lebensjahr zur Schlachtbank geführt. Tja, da hofft man, dass es der kleinen Herde anders ergehen möge und „Bauer Horst“ wirklich nur ab und an seine Kaffeetasse mit aufs Feld nimmt. Seltsam oder ? Wir alle lieben Tiere und wenn man Rindern gegenübersteht, wünscht man sich plötzlich, dass Hackfleisch an Bäumen wächst, wie im Schlaraffenland 😁. Doch leider ist dem nicht so – ein Gedanke, der ganz gern ausgeblendet wird.
Die letzten Meter unseres Weges verliefen ohne nennenswerte Probleme, so dass wir uns recht bald wieder am Parkplatz einfanden – ein paar Tage Pause sei jedem vergönnt, bis es erneut ins Zittauer Gebirge zu unseren Erkundungswanderungen geht. Und ich glaube, wir haben da auch noch ein: „One more Thing“. Doch dies ist ein Projekt für den kommenden Winter.
Ich hoffe, dass euch dieser Wanderbericht gefallen hat,
euer Martin