Liebe Wanderfreunde,
knapp sechs Monate liegt unser Start in die diesjährige Wandersaison nun schon zurück, Mitte September werden die Tage nicht nur kürzer, sondern es wird auch allmählich kälter – nicht unbedingt ideale Bedingungen für eine Nacktwanderung, doch ab und an meint es Petrus in diesem Jahr doch gut mit uns und bescherte uns einen sonnigen Start in Anja’s und Udo’s zweiten Urlaubstag …
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Nach dem gestrigen Ausflug zum Kuhstall und unserem Streifzug durch die einstigen Hoheitsgebiete der Berken von der Dubá, wollen wir uns heute dem Bielatal annehmen – nicht minder geschichtsträchtig. Start war, wie immer bei diesem Klassiker, die Schweizermühle – wie schon zu Beginn des Jahres ging es mit Umweg über Rosenthal zum Wanderstartpunkt. Nach der obligatorischen Begrüßung, entschieden wir uns alsbald auch loszulaufen, Christian fiel nach Überschreiten der Biela ein, dass er noch die falschen Schuhe trug, also nochmal zurück zum Auto und schnell die Schuhe gewechselt. Die Klamotten blieben zu Beginn der Wanderung noch an, auch der Aufstieg zum Nachbarn, vorbei an der Sophienquelle, brachte uns noch nicht ins Schwitzen.
Vom Nachbar erhielten wir den ersten Ausblick des Tages – auf unsere Autos und natürlich den Berthablick, welcher hinter der ehemaligen Schweizermühle zu finden ist. Wie schon zu Beginn des Jahres, wies der Wind immer wieder auf seine Anwesenheit hin, konnte aber den Sonnenstrahlen nicht Paroli bieten. Von diesem Aussichtspunkt ging es durch die nahe Höhle, eine enge Schlucht und ein wenig den Berg hinauf, bis wir uns auf einem Pfad wiederfanden, der seit einigen Jahren zum Forststeig zählt. Wie es sich gehört, hat der Förster auch reichlich von seinen Maschinen Gebrauch gemacht – Schuld waren die Stürme der vergangenen Jahre, die immer wieder für reichlich Windbruch sorgten.
Auf unserem Weg begegneten wir immer wieder vereinzelten Wanderern, in der Hoffnung, den Fund des Tages zu bekommen: Es waren Pilzsammler und solche, die es gern werden wollen. Im März entschieden wir uns aufgrund des Andrangs am Sachsenstein gegen eine Besteigung des Aussichtspunktes – heute hatten wir ein wenig mehr Glück und es ging hinauf. Doch Halt … zuvor wurden die Klamotten endlich in den Rucksack gepackt und wir begannen „den Kreis zu schließen“ : Die Wandersaison sollte so enden, wie sie startete: Mit guten Freunden, bei besten Bedingungen …
Der Aufstieg zum Sachsenstein stellte uns vor so manch kleine Herausforderung: Die Rucksäcke wollten mit rauf, in der Vergangenheit blieben diese immer bei einem „Bewacher“ ( nicht unbedingt einem Yeti 😉 ) am Fuße der Aussicht, doch diesmal mussten wir uns etwas einfallen lassen und so kam es auf jeden Zentimeter drauf an. Auch abwärts musste dieses Problem irgendwie kreativ gelöst werden – Anja indes wusste auf ihrem Weg zurück nicht so ganz, wie sie den Übertritt von Stein zu Stufe bewerkstelligen sollte, mit etwas Hilfe und vollem Körpereinsatz wurde auch dieses Hindernis bewältigt.
Weiter geht es in Richtung Johanniswacht – im Bielatal wandert man in der Tat von Aussicht zu Aussicht – insgesamt Neun an der Zahl, in acht Kilometern Wanderung schon eine Seltenheit. Als wir am Einstieg zum Sachsenstein ankamen, begegnete uns eine Gruppe Kinder auf ihrem Schulausflug und wie zu Erwarten, waren wir sogleich das Highlight des Tages – soviel zum Argument: „Die armen Kinder“. Die armen Eltern, trifft es manchmal eher – wie so manche Kinder aufgezogen werden, denn bereits einen Tag zuvor, am Kuhstall musste eine Frau ihrem Unmut über die vier Naturisten freien Lauf lassen: Zu unserem Erstaunen entgegnete ihr eine andere Textilwanderin, dass dies doch „das Normalste der Welt sei“ und nackt werden wir schließlich alle geboren. Ein erhebendes Gefühl, wenn man weiß, dass es um einen geht, man aber selbst nicht mitdiskutieren muss 😄 …
Wo war ich ? Schrammsteine ? Nein. Affensteine ? Auch Nein … ach ja im Bielatal 😂. Von der Johanniswacht erhielten wir einen wunderschönen Blick auf die Festung Königstein und die Kaiser-Wilhelm-Feste auf der anderen Seite des Bielatals – an dieser entdeckten wir ein Absperrband. Was war da wohl los ? Auch ein Ehepärchen konnte uns nichts genaueres dazu sagen, die kurz nach uns auf diesem reizvollen Ausblick eintrafen. Nun gut, wir werden es bestimmt im Laufe des Tages ( oder zur Not beim Verfassen des Wanderberichts ) herausfinden. Erst einmal sollte der Abstieg in Richtung Ottomühle folgen: Mit Blick auf die Klettergipfel Fritziturm und Artariastein, …
… ging es über den Korbfeilenweg vorbei an der Ottomühle. Einige Gäste fanden sich auch bei frühherbstlichen Wetter noch am Imbiss der Ottomühle ein, das Restaurant schien inzwischen wieder geöffnet zu haben, doch auf die Gäste musste noch etwas gewartet werden. Obwohl wir uns nach unserer Mittagspause sehnten, waren noch einige Höhenmeter nötig, bevor wir diese genießen würden – Christian unterdes schlug vor, dass wir auch einen Kulturbeitrag erheben könnten, denn „sich Auszuziehen und Wandern zu gehen“, sei schließlich eine Kunst, die nicht jeder sofort nachahmen würde. Auf jeden Fall benötigt man ein gesundes Verhältnis zu seinem Körper, gepaart mit etwas Selbstvertrauen, wenn dann einem Textilwanderer doch mal ein flotter Spruch über die Lippen wandert.
Am Großvaterstuhl angekommen, suchten wir nach einem windgeschützten Fleckchen und fanden diesen ein paar Meter entfernt von der Aussicht mit gleichnamiger Bank ( je nach Größe des Großvaters vielleicht auch ein Stuhl ). Da Anja seit einigen Jahren auf Low-Carb umgestiegen ist und versucht möglichst kohlenhydratreiche Speisen zu meiden, gab es entsprechend viel Obst und Gemüse. So wanderte die Dose mit Gurken ( tags zuvor noch aus dem heimischen Garten ) und allerlei weiterem Obst und Gemüse herum. Irgendwann sollte es dann aber doch mal weiter gehen – etwas getrieben vom auffrischenden Wind, verblieben wir nur kurz auf der Aussicht an Großvater’s Stuhl.
Eins meiner liebsten Fotomotive findet sich am Ende des Aufstiegs von der Ottomühle: Die Felder vor Rosenthal, denn der Wanderweg läuft scheinbar direkt vor dem Horizont entlang – mit Blick auf unsere kleine Wandergruppe …
Immer wieder schön. Kaum im Wald wieder angekommen, ließ auch der nächste Aussichtspunkt nicht lange auf sich warten: Der Kanzelstein, mit seiner Aussicht ins Bielatal und den Hohen Schneeberg am Horizont bot nicht nur uns einen grandiosen Ausblick, sondern auch einem Ehepärchen, die auf Fototour durch’s Bielatal zogen. Inspiriert vom Fotografen entstand so dieses Foto mit Blick auf den Kanzelstein …
… von hier aus ging es weiter in Richtung der Herkulessäulen. Ein Stück von den beiden Klettergipfeln entfernt, durften wir einen ersten Blick auf diese erhaschen – im Gegensatz zur Wanderung im März diesmal ohne Kletterer. Die Regentage der letzten Tage ließen wohl so manchem Kletterer die Lust vergehen, verliert doch der Sandstein schnell an Griffigkeit, wenn er nass wird. Der Nationalpark und der Sächsische Bergsteigerbund raten inzwischen sogar von einer Besteigung bei Regen bzw. feuchtem Untergrund ab, zu groß ist die Erosionsgefahr und natürlich steigt auch die Gefahr für die Bergsportler und Bergretter unnötig an.
An den Herkulessäulen angekommen, wurde es einmal mehr Zeit zu demonstrieren, dass ich keineswegs dick bin und so bahnte ich mir einen Weg durch die „Höhle“ unterhalb vom Schraubenkopf, während Anja, Christian und Udo den Wanderweg zwischen Wegelagerer und Schraubenkopf nahmen. Ich sparte mir sogleich auch einige Stufen, die erklommen werden sollten 😄. Der Wanderweg wurde etwas herausfordernder – gekennzeichnet durch einen grünen Pfeil auf weißem Grund. Belohnt wurden wir mit einem Blick auf beide Klettergipfel – nach kurzer Klettereinlage wurde die Sicht sogar noch etwas besser …
Weiter geht’s durch die Felsengasse, fanden wir uns wenige Minuten später schon an der Kaiser-Wilhelm-Feste wieder – zur Freude Anja’s und Christian’s ging es zunächst runter und wenig später wieder rauf. Eben ganz typisch Sächsische Schweiz. Den Aufstieg hinter uns liegend, kamen wir zur gesperrten Kaiser-Wilhelm-Feste. Nach kurzer Recherche stießen wir auf einen Artikel der Sächsischen Zeitung, in dem es heißt, dass „der Forst die Aussicht wegen Sicherungsarbeiten sperren“ muss. Derzeit werden die Geländer an der Kaiser-Wilhelm-Feste erneuert – eine Vermutung, die wir beim Anblick so manch wackeliger Stellen auch hatten. Leider liegt man etwas hinter dem Zeitplan und so bleibt die Aussicht wohl auch noch bis nach „Mitte September“ für den Besucherverkehr gesperrt, denn es besteht Absturzgefahr.
Diese künstliche Bastion wurde von dem Rosenthaler Baumeister J. G. Kaiser entsprechend dem Zeitgeschmack im Jahre 1880 errichtet.
Als Kuriosum gilt die Entstehungsgeschichte – so soll die Idee zum Bau einer bierseeligen Stammtischwette entsprungen sein.
Bevor es endgültig in Richtung des Abstiegs ging, entschieden wir uns noch an einem der zwei alten Türme vorbeizuschauen – es ist eben der, der sich auch auf dem Weg befindet. Gebaut von einem reichen Villenbesitzer diente er im März einem neuen Besitzer als Unterschlupf … doch wo war er denn hin ? Offenbar ausgeflogen und so steht der Turm seitdem wieder leer und wartet auf neuen Besuch …
Unser Weg indes verlief in Richtung der Schweizermühle, bevor wir der Straße den Hang hinauf folgten. Es stand ja schließlich noch ein Besuch des Rosengartens an. Anja und Udo bedankten sich im Verlauf diesen Abschnitts für die Wanderroute, wären sie doch allein niemals an jenen Ort gelangt, der in der Vergangenheit des Öfteren als Naturbühne diente. Als letztes großes Highlight unserer Wanderung sollte der Gedächtnishain auf uns warten, welcher zuletzt für die Gefallenen Mitarbeiter der Maggi-Gesellschaft umgestaltet wurde …
Erstmals erwähnt und mit einem Namen versehen finden wir die zwei Felskessel über dem ehemaligen Gasthaus „Felsenkeller“ bei der Schweizermühle in Carl Merkels „Biela-Führer“ vom Jahre 1826. Merkels Phantasiename „Syrenengrund“ für beide Felsdome hielt sich noch bis um 1860.
Ab 1890/91 „Dölitzschgarten“, 1912 „Dölitzschruhe“.
Nach dem Erwerb der ehemaligen Wasserheilanstalt Schweizermühle durch die Maggi-Gesellschaft 1912 ließ diese um 1928/29 den Felsenhain in eine Gedenkstätte für ihre gefallenen Mitarbeiter im Deutsch-Französischen Krieg 1870/71 und im 1. Weltkrieg 1914/18 umgestalten.
Nach dem 2. Weltkrieg entfernte man die bronzenen Namenstafeln.
Die Marmortafel „Zum Gedächtnishain“ und der Sandsteinblock mit dem ebenfalls bronzenen Eichenblätterkranz blieben erhalten.
Nicht ganz geplant war, dass wir an der Aussicht Berthablick vorbeiliefen, doch ich wollte unsere Gruppe nicht nochmal umkehren lassen und so fanden wir unseren Weg zurück zur Schweizermühle und unseren Autos. Selbst dem Apachengesicht – einer markanten Felsformation unterhalb des vergessenen Ausblicks widmeten wir unsere Aufmerksamkeit, bevor die Planung für’s Wochenende geklärt wurde und die Autos uns in Richtung Heimat fuhren.
Ich hoffe, dass euch dieser Wanderbericht gefallen hat,
euer Martin