
Liebe Wanderfreunde,
nach unzähligen Wanderwochen und der Entdeckertour am Rätzsee, wird es endlich mal wieder Zeit, unserem Heimatgebirge einem Besuch abzustatten. Viel haben wir gesehen in den letzten Wochen: Seien es Schneefelder und Murmeltiere in den Alpen, die flachen Ebenen des Münsterlands, die Berge des Teutoburger Walds oder die Seenlandschaft im nicht ganz so hohen Norden Deutschlands. Natürlich waren wir während dieser Reisezeit auch in der Sächsischen Schweiz unterwegs – doch mit einer kleinen Gruppe wandern zu gehen, ermöglicht uns vor allem das Entdecken neuer Routen. So geschehen, an jenem 14. September 2019 …
Startpunkt war wieder einmal der Parkplatz in Ostrau, an dem wir schon so unzählige Male aufbrachen, um die Schrammsteine zu besteigen. Während unserer heutigen Wanderung sollten wir uns zu dritt über den Klüftelweg in Richtung des Lattengrunds begeben. Dem ersten Aufstieg und der Ermutigung eines jungen Kletterers, schritten wir sanften Schritts dem Obrigensteig entgegen – noch sollte der Weg bekannt sein für seine Einfachheit, doch spätestens am Schrammtor wurde der Schwierigkeitsgrad erhöht. Während die meisten Wanderer dem Schrammsteinweg folgen, entschieden wir uns dem Mittleren Schrammtor und dem 374 Meter hohen Dreifingerturm einen Besuch abzustatten.
Nach anfänglichen Startschwierigkeiten unserer weiblichen Begleitung, konnte mit vereinten Kräften auch ihr ein Lächeln ins Gesicht gezaubert werden – die Freude über die Bewältigung dieses Aufstiegs überwiegt eben dann doch, egal wie groß oder klein der Aufstieg am Ende war …
Bereits unsere Wanderstrecke über das Mittlere Schrammtor sollte erahnen, wieviele Menschen das gute Wetter ausnutzten und noch einmal die Sächsische Schweiz erkunden wollten. Daher war es nicht verwunderlich, dass uns einige Wanderer entgegen kamen, die unseren Aufstieg zum Abstieg nutzten.
Wenige Minuten später fanden wir uns auch schon auf dem Hauptweg, dem Schrammsteinweg, wieder. Unweit vorbei an Schrammsteinkegel und Schrammsteinnadel, erreichten wir wenige Augenblicke später den Wildschützensteig, welcher ebenfalls gut besucht war. Da der Wildschützensteig nur im Aufstieg begangen werden kann, erübrigte sich hier zumindest das Problem, welches uns wenig später am Mittelwinkel entgegnete. So ging es über den Steig mit seinen vielen Treppen und Leitern in Richtung der Schrammsteine, da es unser Gast Martin allerdings vorzog, bei diesem Begängnis die Schrammstein-Aussicht zu ignorieren, sollten wir am Ende unseres Aufstiegs in Richtung des Mittelwinkels abbiegen, an dem wir einige Wartezeit investieren mussten, denn im Gegensatz zum Wildschützensteig kann dieser sowohl als Auf-, wie auch als Abstieg genutzt werden.
Nachdem wir einer Wandergruppe aus Tschechien den Vortritt ließen, konnten wir dem Mittelwinkel folgen, bevor wir die Wildwiese und unseren ersten Pausenplatz erreichten …
Die Wildwiese zwischen Hoher Liebe und Schrammsteinmassiv bietet vielen Wanderern einen Platz, um sich zu entspannen und die Sonne zu genießen. Für uns als Nacktwanderer sollte es daher nicht verwunderlich sein, wenn wir eben diese letzten Sonnenstrahlen voll auskosten wollten – die übrigen Wanderer am Pausenplatz schien dies nicht weiter zu stören, so dass wir uns entschlossen, bei knapp 20 Grad die Klamotten endgültig in den Rucksack zu verstauen.
Einige Fotos später wurde es dann aber doch Zeit wieder aufzubrechen, denn schließlich wollten wir der Hohen Liebe nach vielen Jahren Abstinenz einen Besuch abstatten und so erklommen wir die knapp 120 Höhenmeter, bis uns nur noch wenige Meter vom Denkmal zu Ehren der gefallenen Bergsteiger trennen würden. Während der Wanderwoche 2016 besuchten wir zuletzt das Denkmal, um uns vor den über 400 Kletterern zu verneigen und ihnen den Respekt zu zollen, den sie verdienen, als sie für ihr Vaterland im Ersten Weltkrieg ihr Leben ließen.
Wenige Jahre nach Ende des Blutvergießens wurde am 17. Oktober 1920 das Bergsteigerehrenmal mit einer Rede Rudolf Fehrmanns eingeweiht. Im Laufe der Jahre avancierte die Hohe Liebe zu einem Ort der Erinnerung für alle vermissten und verunglückten Kletterer und Bergsteiger, die ihre Liebe für diesen einmaligen Sport mit dem Leben bezahlten. Noch heute treffen sich am Totensonntag traditionell Bergsteiger, um an die Toten zu erinnern …
Seit einiger Zeit findet sich auf der Hohen Liebe ein Buch, mit dem Titel „Unseren am Berg gebliebenen Kameraden“, in welchem wir obige Zeilen entdeckten. Harald Heinze, Uwe Lehmann und Ralph Schwandt verloren ihr Leben, beim Versuch im Jahr 1990 den Pik Lenin zu besteigen, als sie durch einen Gletscherabbruch auf 1,5 km Breite in Folge eines Erdbebens in Lager II auf 5.300 Metern Höhe verschüttet wurden. Unter den Opfern waren nicht nur die drei Freunde aus Sebnitz, Freital und Berlin, sondern noch 43 weitere Alpinisten aus vielen Teilen der Welt, deren Leben am 13. Juli 1990 ein Ende fand. In der Sowjetzeit galt das Unglück am Pik Lenin als die größte Tragödie in der Geschichte des Bergsteigens. In einer russischen Zeitung haben wir dabei folgenden Ausschnitt gefunden und ins Deutsche übersetzt:
In der Sowjetzeit galt es als die größte Tragödie in der Geschichte des Bergsteigens. Am Freitag, den 13. Juli 1990, beendeten Tausende Tonnen Schnee und Eis in Sekundenschnelle das Leben von 43 Menschen. Über die Tragödie im Pamir wurde auf der ganzen Welt gesprochen. Die sowjetische Regierung stellte einen Hubschrauber und Geld für eine Such- und Rettungsaktion zur Verfügung. Drei Wochen lang haben Kletterer den Gletscher ausgegraben, aber bis auf die vier Leichen, die am ersten Tag gefunden wurden, fanden sie niemanden.
Einer Version zufolge haben die Chinesen an diesem Tag unterirdische Nuklearexplosionen durchgeführt. Tests haben ein Erdbeben in Afghanistan ausgelöst; als die Schwankungen den Pamir erreichten, platzte ein riesiger Gletscher am Pik Lenin. Die Lawine ging über eine Länge von 1,5 Kilometern ab und sie machte das Kletterlager in 5.300 Metern Höhe dem Erdboden gleich. Dieser Ort wurde als „Bratpfanne“ bezeichnet und galt als der sicherste auf der Strecke.
Von der Hohen Liebe sollte es für uns erneut auf Erkundung gehen, wollten wir doch der Kleinen Liebe einen Besuch abstatten und den Rundweg um sie nehmen. Doch leider standen wir am Ende eines Brunnens auch am Ende des Weges, ein Durchkommen war hier nur mit etlichen Kratzern möglich – zu dicht war inzwischen die Vegatation, so dass wir uns entschieden, dem Weg zurück in Richtung Betonstraße zu folgen – bevor wir den Weg in Richtung Sackgasse nahmen, stellte Martin noch einmal seine Bärenkräfte unter beweis …
Über den Oberen Liebenweg gelangten wir schließlich an den Ausläufern einer Schrebergartenanlage vorbei, auf dem sich auch einige weitere Wanderer tummelten und uns noch einen schönen Tag wünschten. Wenige Meter vor den Falkenstein-Hütten legten wir eine letzte kurze Rast ein, bevor es zurück zum Auto auf dem Parkplatz Ostrau ging, an dem wir unsere Wanderung heute Morgen starteten.
Ich hoffe, dass euch dieser Wanderbericht gefallen hat,
euer Martin