WNBR22

Liebe Radelfreunde,

endlich ist es wieder soweit: Nach zwei Jahren wird wieder geradelt. Nachdem wir in den vergangenen Jahren zum World Naked Bike Ride in Dresden von Johann Gottfried Herder’s Elbflorenz nach Meißen fuhren, wollten wir diesmal den Fokus auf die Sächsische Schweiz legen. Bei fast 30 Grad wollten wir es natürlich nicht übertreiben und so verwarfen wir im Vorfeld Ideen der Radroute im Nationalpark zu folgen. Stattdessen ging es entlang des wohl bekannten Elberadweges zu unseren tschechischen Freunden …

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Startpunkt war der Anleger der Dampfschifffahrt in Pirna – jene Stadt, welche an diesem Wochenende den 300. Geburtstag Bernardo Francesco Paolo Ernesto Bellotto’s – genannt Canaletto – feiert. Vom Frühjahr bis zum Herbst sind zahlreiche Aktivitäten der „Canaletto-Stadt“ auf dieses Jubiläum zugeschnitten. Wer den berühmten italienischen Maler nicht kennt: Dresden erinnerte ihn an seine Heimatstadt Florenz, so prägte er den Namen „Elbflorenz“, von Pirna hingegen schuf er sogar mehr Gemälde als von der Residenzstadt an der Elbe. Kurz nach dem Start stellten wir fest, dass der Radweg entlang der Elbe vom Einsatzfahrzeug des Deutschen Roten Kreuz blockiert war – so konnten wir in aller Ruhe schauen, was die lokalen Anbieter alles zu bieten hatten, sei es kulinarisch oder eben kulturell. Und vielleicht konnten wir so noch eine Idee für die kommenden Sächsischen Naturistentage aufschnappen ? Wer weiß ?

Am Biergarten „Elbschlösschen“ stiegen wir dann wieder auf die Räder – doch es ging nur einige hundert Meter weit, als plötzlich eine Absperrung den Elberadweg blockierte. „Doppelt hält besser“, dachte man sich wohl in der Stadtverwaltung und so kamen wir erneut zum Stehen. Wie passend erschien es da, dass wir direkt am Pavillon unterhalb des alten Pirn’schen Wasserwerks ankamen und uns hier der Klamotten entledigen durften ? Torsten’s Fahrradtaschen – ein Geschenk – wurden heute zur ersten großen Ausfahrt auf die Probe gestellt. Unter den Augen des Ordnungsamtes starteten wir unsere WNBR – warum die Mitarbeiter der Stadt an uns vorbeifuhren, bleibt ein Rätsel, wir grüßten freundlich und brachen zu den ersten 35 Kilometern unserer Tour auf. Zu Beginn galt es erst einmal das richtige Tempo zu finden – keine leichte Aufgabe, denn nach zwei Jahren war jeder sein eigenes Tempo gewöhnt, doch ein Großteil der Gruppe fand recht schnell den richtigen Tritt bzw. Gang.

Kurz vor’m Gasthof Obervogelgesang wollte Albert auf der anderen Elbseite gegrüßt werden, doch weder an der Bank, noch im Grundstück war er zu sehen. Da ich bereits seit Tagen erfolglos versuchte, das Restaurant „Dolní Grund“ zu kontaktieren, wollte ich möglichst früh eintreffen und vertröstete Manne auf die Rückfahrt – bei über 30 Grad wollten wir unserem 90-jährigem Senior auch nicht zu viel zumuten.

Wenig später erblickte ich ein bekanntes Gesicht am Elbufer: Es war Frank aus Dresden, der leider verhindert war und nicht an der Radtour teilnehmen konnte. Er wünschte uns dennoch viel Spaß und eine gute Fahrt.

Zwischen Obervogelgesang und Stadt Wehlen findet sich der erste kleinere Anstieg, der genommen werden will – wer die Strecke kennt – es geht unter den Gleisen der Elbtalstrecke hindurch und in der Folge bis zum Bahnhof leicht bergan. Gleich beim ersten Anstieg verschalten, das ließ hoffen auf die Berge zwischen Wehlen und Rathen. Also schnell abgesprungen, den Anstieg samt Rad hochgerannt und oben wieder aufgesattelt – alles kein Problem. Manne, als alter Radprofi, ließ sich nicht beirren und fand die richtigen Gänge. Kurz darauf kam ich mit Pawel, unserem Gast aus Polen ins Gespräch. Ob dies sein erster Besuch in der Sächsischen Schweiz sei, wollte ich wissen und er erzählte mir, dass er bereits vor ein paar Wochen in unserer Heimat zu Besuch war. Wandern war er damals, irgendwo im Basteigebiet. Selbst unsere SNT habe er auf dem Schirm und wolle uns einen Tag besuchen – nackt gewandert sei er zuvor noch nie in der Gruppe, bisher war er immer nur allein unterwegs. Die Radtour gefiel ihm auf den ersten Kilometern jedenfalls. Abrupt mussten wir unser Gespräch beenden, denn es folgten die nächsten Höhenmeter hinauf zum Bahnhof von Stadt Wehlen, dieser liegt auf der anderen Seite des „Hangs“ und so folgte der „Anstrengung“ eine Fahrt hinab zum Bahnhof.

Es folgte der anstrengendste Part unserer Radtour: Die Berge zwischen Wehlen und Rathen. Jeder hatte hier ein wenig seine eigene Taktik, sei es nun mit etwas mehr Unterstützung oder im niedrigen Gang zu fahren. Nach den ersten Jahren stellte ich fest, dass ein niedriger Gang ebenso hilfreich sein kann, wie Anlauf zu nehmen. Und so wurde am Ende des Hügels in den höchsten Gang geschalten, um den nächsten Hügel fast nur noch hinauf zu rollen – natürlich klappt das nicht immer und ein bisschen in die Pedale muss dann doch noch getreten werden. Vor Kurort Rathen hieß es dann eine kurze Verschnaufpause einzulegen, mit Blick auf die Basteibrücke, den Wartturm und die Rahmhanke – letztere musste natürlich etwas genauer erklärt werden. Es war aber auch an der Zeit, dass wir uns sammeln, denn wie seit je her, wollen wir den Luftkurort gemeinsam als Gruppe durchqueren – doch wie immer gibt es eben Ausreißer 😒.

Wie zu erwarten – war die Schranke in Rathen geschlossen und ein Güterzug raste an uns vorbei. Was er wohl geladen hat ? Es sah aus, wie alle Arten von Autos, die Volkswagen in Tschechien produziert, seien es nun Skoda, Audi oder eben VWs – vielleicht versteckte sich auch der ein oder andere Porsche unter der Abdeckung, die eine genauere Identifikation erschwerte. Das Highlight unserer Radtour stellt sicherlich die Eisdiele am Ende des Orts dar, die nach eigenen Worten „Das letzte Spitzeneis vor Italien“ offeriert. Auch während der Tour versuchte ich ein paar Tische im Restaurant zu reservieren, doch ans Telefon wollte offenbar niemand gehen. So blieb uns nichts anderes übrig, als auf heute Nachmittag zu verweisen, denn wer schon häufiger dabei war, der weiß, dass wir auf der Rückfahrt hier einen Zwischenstopp einlegen. Bis 16 Uhr würden wir sicher zurück sein – so zumindest meine Hoffnung. An der zweiten Schranke angekommen, waren wir verwundert, dass diese geöffnet war.

Und ich muss arbeiten.

Bis Königstein blieb es recht ereignislos und wir zogen so durch Strand hindurch, kamen aber nicht drumherum, unseren Gästen die Geschichte von 2017 zu erzählen, als wir an einem Polizisten auf Streife an seinem Auto vorbeifuhren und er kund gab, wie leid er es sei an jenem Tag arbeiten zu müssen.

In Königstein angekommen, verfolgten wir die selbe Taktik wie in Rathen: Zusammenbleiben, denn grad in der Nähe von Kanu Aktiv Tours haben wir schon so manche unfreiwillige Dusche bekommen. In Anbetracht der Temperaturen schien eine Dusche nicht unangebracht und die erste Badestelle unterhalb des Nationalparkbahnhofs in Bad Schandau war noch ein Stück entfernt. Doch grad diese Verlockung war es, die uns recht schnell dort ankommen ließ – zur Freude aller Teilnehmer.

Nicht jeder wollte in der Elbe baden und so war es Matthias aus Potsdam, der lieber in etwas kühleres Nass steigen wollte – eine Klamm oder gar ein Gebirgsbach fanden sich eher auf der anderen Seite des Elbtals. Von der Mündung der Biela in die Elbe bei Königstein mal abgesehen. Und so kam er im Laufe der Radtour auf mich zu, mit genau diesem Wunsch – natürlich können nicht alle Wünsche erfüllt werden, aber wenn sich Möglichkeiten hierzu ergeben, versuchen wir unser Bestmögliches. Und so fand sich dann doch noch eine Badestelle – am Gelobtbach, jenem Bach, der seit dem Vertrag von Eger die Grenze zwischen Deutschland und der heutigen Tschechischen Republik bildet und ebenfalls in die Elbe mündet. Nicht jedem unserer Teilnehmer war offenbar klar, dass die Tschechische Republik seit 1993 ein eigenständiger Staat ist. Doch Unwissen zeigt sich spätestens dann, wenn Děčín zu „Bodenbach“ wird – ein glatter Fehler, denn Bodenbach ist nur ein Teil der Industriestadt an der Elbe. „Tetschen“ wäre hier richtig gewesen. Doch soviel zum geschichtlich-sprachlichen Ausflug, kommen wir zurück zur Radtour.

Während der Radtour nach Meißen entstand dies immer mit Blick auf die Albrechtsburg, dem einstigen Herrschaftssitz der Meißner Markgrafen. Schlösser und Burgen bleiben uns leider im Verlauf dieser Tour verwehrt und die Raubritterburgen der Berken von der Dubá sind doch etwas entfernt, was bietet sich hier besser an, als der wunderschöne Grenzpfosten im Stile der tschechischen Landesfarben inklusive Wappen ?

Während unserer Badepause zog sogleich eine größere Gruppe Radfahrer an uns vorbei – Manne war alles andere als begeistert und so schwangen wir uns auf die Räder und versuchten diese Gruppe einzuholen. Seine Befürchtung: Sie wollen ebenfalls ins Restaurant. Wir holten die Gruppe recht schnell ein und es stellte sich heraus, dass dies Tschechen waren und wohl nicht in Dolní Grund einkehren wollten – die Plätze waren uns also sicher. Kurz darauf erreichten wir dann auch jenes Restaurant … nur schien trotz des Wetters kaum jemand zu Gast zu sein. Seltsam, seltsam. Dennoch blieben uns zwei große Tische und auch Andreas fand seinen Platz neben Andreas – oder um es zu entwirren: Andreas, der in den letzten drei Jahren auf eigenen Pfaden wandelte, fand einen Platz neben dem Wanderleiter aus Thüringen. Alles klar ?

Der Gurkensalat war wie immer typisch tschechisch, doch die Speisekarte wurde in den vergangenen zwei Jahren so mancher Veränderung unterworfen. Die allseits beliebte Ente verschwand, doch der Gulasch blieb – ob er so gut wie der von Rainer ist ? Ich scheute den Vergleich ( in Erwartung vom tschechischen Koch enttäuscht zu werden ) und entschied mich viel lieber für das Hähnchenschnitzel. Leider war außer Andreas, unserem Thüringer Wanderleiter, niemand aus der Gruppe dabei, als wir im Zittauer Gebirge einige Routen erkundeten.

Es dauerte ein wenig, bis die ganze Gruppe bedient wurde und wir kamen auch nicht umher, die Kellner auf das ein-oder-andere fehlende Getränk hinzuweisen. Gegen 15 Uhr war dann aber jeder gesättigt und bekam sein(e) Bier(e). Ein Teil der Gruppe brach schon einige Minuten eher auf, wollten sie doch zum oberen Staubecken der Gelobtbachmühle. Gespeist vom Klopotský Potok, oder auch Gelobtbach, wie der Teil des Bachs auf tschechischer Seite genannt wird, fließt das Wasser hier Richtung der alten Mühle und in die Elbe. Die ideale Abkühlung, wenn man den steilen Aufstieg in Kauf nimmt. Zum Vergleich: Im Verlauf von 144 Metern, werden etwa 80 Höhenmeter überwunden, dies entspricht einer Steigung von 56%. Jenen Weg muss man aber auch wieder hinunter – keine leichte Aufgabe, denn neben Nadeln fließt noch ein Rinnsal über den Weg und es gibt so reichlich Chancen richtig schön auszurutschen – Rüdiger, unser zweiter Senior musste dies hier auf einer Wanderung vor vielen Jahren am eigenen Leib erfahren. Ein Grund, warum dieser Weg kaum Erwähnung findet. Wer die kühlen Temperaturen des Gelobtbachs fühlen will, der ist an der Elbe ebenfalls gut aufgehoben, denn da wo der kleine Bach in die Elbe fließt kann es gern richtig frisch werden – ein extremer Gegensatz zur aufgewärmten Elbe bzw. Labe ( auf tschechischer Seite ).

Die weitere Rückfahrt verlief recht ereignislos – Manne wollte mir unbedingt in Königstein noch eine weitere Badestelle schmackhaft machen, von einem schönen Sandstrand war die Rede, doch leider war es von diesem bis zur Elbe noch ein ganzes Stück und selbst wenn man es dann mal zur Elbe geschafft hat … es dauerte, bis die Kniekehlen nass wurden. Der Grund lag hier einfach daran, dass wir uns auf der kurveninneren Seite befanden, erst in der Fahrtrinne war es etwas tiefer – nur zog es einem hier irgendwann auch die Beine weg. Als wir wieder aufbrechen wollten, stellte Andrea mich vor eine schwierige Frage: Wie erreicht sie sauberen Fußes das Ufer ? Zwischen Elbe und Sandstrand lagen etwa sieben Meter steiniger und schlammiger Untergrund, die zu überwinden waren. „Ich könnte dich ja tragen“, entgegnete ich und noch ehe sie irgendwas sagen konnte, lag sie schon in meinen Armen – etwas zu früh und so wurden aus den sieben etwa 15 Meter. Doch als Kavalier alter Schule versteht sich so etwas doch von selbst 😉.

Inzwischen wurde es früher Abend. 17 Uhr, so langsam wollte jeder wieder nach Hause. Pawel aus Polen verabschiedete sich schon etwas eher, sein Zug in Richtung Heimat wollte er nicht verpassen. Gegen 18:30 Uhr erreichten wir dann auch jenen Pavillon, an dem unsere Radtour startete – gut gelaunt und sichtlich gezeichnet von der Sonne entschieden wir uns, nach einem Eis Ausschau zu halten, doch Udo aus dem Vogtland wollte nach Hause zu seiner lieben Frau – verständlich und so blieb Anja leider nichts weiter übrig, als uns viel Spaß zu wünschen und allen liebe Grüße auszurichten. Udo war zudem erstaunt über die Langlebigkeit seines Fahrradakkus: Knapp 30% verbrauchte sein Akku im Laufe der Tour – als Fahrer eines „Biobikes“, wie Matthias aus Dresden es nennt, standen am Ende 1.970 Kalorien auf der Apple Watch 😃.

Ich danke allen Teilnehmern für diesen wunderschönen Tag,
euer Martin

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Über Martin

Natürlich. Nackt. Frei. Seit Sommer 2015 haben diese drei Worte einen neuen Lebensweg für mich geprägt. Ich war es leid, immer wieder die richtigen Klamotten in Schuh- oder Bekleidungsgeschäften zu finden, nur um sie nach meiner nächsten Wanderung in die Waschmaschine werfen zu können. Der Bibel zufolge wurde der Mensch nackt von Gott erschaffen - wir sehen dies sogar heute bei jeder Geburt, dass niemand mit einer Mütze geboren wird. Aber warum sollten wir Kleidung während einer Wanderung tragen ? Schließlich sind wir ein Teil der Natur und je mehr wir den Kontakt mit dieser erfahren, um so eher sind wir gewillt diese zu schützen. Für mich ist es daher wichtig, dass ich nicht nur meinen eigenen Körper der Natur aussetze, sondern dass meine Umwelt um mich herum geschützt wird …

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